Nein heißt Nein

„Nicht mehr weg sehen – sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz“

Die Unwissenheit über das Verständnis von sexueller Belästigung im Arbeitskontext ist immens. Lediglich ein Fünftel der Beschäftigten ist sich bewusst, dass Arbeitgebende die Verantwortung dafür tragen, alle Beschäftigten vor sexuellen Übergriffen zu beschützen und entsprechend vorbeugende sowie unterbindende Maßnahmen zu ergreifen (Antidiskriminierungsstelle des Bundes, 2020).

Wut, Schlafstörungen, Scham, Schuldgefühle, Angst sowie Hilflosigkeit sind nur einige der kurzfristigen Folgen von sexueller Belästigung und Gewalt. Dazu gehören verbale, non-verbale sowie physische Belästigungen. Dabei sollte der Arbeitsplatz allen Beschäftigten eines Unternehmens ein Gefühl von Sicherheit bieten. Die Realität sieht jedoch anders aus, denn jede elfte erwerbstätige Person wurde in den letzten drei Jahren sexuell belästigt. Zudem konnte in nationalen sowie internationalen Studien gezeigt werden, dass Frauen drei- bis fünfmal häufiger sexuell belästigt werden als Männer (Antidiskriminierungsstelle des Bundes, 2020). Die genannten kurzfristigen Auswirkungen auf die physische sowie psychische Gesundheit von Betroffenen sind dabei meist nicht die einzigen. Auch langfristige Folgen sind möglich. Dazu gehören Konzentrationsschwierigkeiten im Arbeitskontext, Verlust des Selbstvertrauens, Depressionen und Panikattacken. Diese Folgen können im schlimmsten Fall sogar bis zur Arbeitsunfähigkeit führen.

In den allermeisten Fällen erfolgen die Übergriffe durch Kund:innen, Patient:innen oder Klient:innen (53%). Sexuelle Belästigungen durch Kolleg:innen (43%) kommen am zweithäufigsten vor. Zudem stehen die Gründe für sexuelle Übergriffe auch im Zusammenhang mit der Ausübung von Autorität und einer Hierarchisierung im Unternehmen. Dabei sind Frauen (23%) häufiger von sexuellen Belästigungen durch statusüberlegene Personen betroffen als Männer (9%). Aufgrund der herrschenden Machtverhältnisse sind Betroffene oft nicht in der Lage, über solche Überfälle zu sprechen und diese öffentlich zu machen. Im Hinblick auf die Branchen zeigt sich, dass Personen im Gesundheits- und Sozialwesen (29%) am häufigsten von sexuellen Belästigungen betroffen sind. Personen, die im Handel (12%), im verarbeitenden Gewerbe (11%) sowie in der Erziehung (10%) tätig sind, sind entsprechend seltener betroffen (Antidiskriminierungsstelle des Bundes, 2020).
Oftmals herrscht bei einzelnen Betroffenen Unwissenheit über den Umgang mit sexuellen Belästigungen und somit stellt sich die Frage: Was kann nun getan werden? Rechtlich reicht sogar ein einfaches „Nein“, um sich erkennbar zu verteidigen. Besonders wichtig ist, dass sexuelle Belästigung thematisiert wird. Im Unternehmen dienen der Personal- und Betriebsrat, die Gleichstellungsbeauftragte sowie direkte Vorgesetzte als Anlaufstellen. Aber auch Gewerkschaften, Anwältinnen und Anwälte, Frauen- sowie Männerberatungsstellen und auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bieten Beratung an.

Den Arbeitgebenden stellt sich ebenfalls die Frage: Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen aus betrieblicher Sicht? Zum einen ist eine inhaltliche und rechtliche Auseinandersetzung mit dem Thema von hoher Relevanz. Als Arbeitgeber:in gilt es einerseits durch Prävention sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu verhindern und andererseits nach Vorfällen den Schutz der Betroffenen zu gewährleisten. Sexuelle Belästigung benötigt Aufklärung und Enttabuisierung, ggf. mit Infomaterial und auch Schulungen. Ein sehr sinnvoller Schritt ist da, das Thema in die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (GBU Psyche) zu integrieren.
Falls Sie Interesse an weiteren Fakten und Zahlen haben, informieren Sie sich über die Website der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege www.bgw-online.de sowie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes www.antidiskriminierungsstelle.de. Bezüglich der Integration des Themas in die GBU Psyche stehen wir Ihnen als Institut für Wirksamkeitsanalyse gerne zur Verfügung.

Rechtlinien bei sexueller Belästigung
Das Beschwerderecht nach § 13 AG ermöglicht allen Beschäftigten im Betrieb Beschwerde einzulegen. Sollte der Arbeitgebende nicht reagieren, können die Beschäftigten vom Leistungsverweigerungsrecht nach § 14 AGG Gebrauch machen, um beim möglichen Arbeitsausfall weiterhin das volle Gehalt zu erhalten. Außerdem haben die Betroffenen die Möglichkeit einen Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 AGG, die aufgrund der Belästigung entstanden sind.

Nützliche Links
https://www.antidiskriminierungsstelle.de
https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ueber-diskriminierung/lebensbereiche/arbeitsleben/sexuelle-belaestigung-am-arbeitsplatz/sexuelle-belaestigung-am-arbeitsplatz-node.html
https://www.bgw-online.de/
https://www.bgw-online.de/bgw-online-de/themen/gesund-im-betrieb/umgang-mit-gewalt/sexuelle-belaestigung-und-gewalt-am-arbeitsplatz-ein-problem-im-22478
https://polizei.nrw/artikel/sexualisierte-gewalt-nein-heisst-nein
https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/aktionen-themen/vergewaltigung-verurteilen.html